Vintage Marblehead 50-800
Als es noch keine Fernsteuerungen gab… Seit es Yachten gibt, gibt es natürlicherweise auch den Wunsch, diese zu besitzen. Und sicherlich haben die wunderschönen und effizienten Yachten der J-Klasse, mit denen um 1890 der Americas- Cup ausgetragen wurde, diesen Wunsch verstärkt. Aber nur wenige können sich, damals wie heute, diesen Wunsch erfüllen und so entstanden die Modelll-yachten. In England nannte man diese „pont yachts“ und um die Sache spannender zu machen, gründeten diese Teichsegler auch bald entsprechende Clubs, klassifizierte die Modellyachten und schrieben Regatten aus.
Aber wie bringt man ein unbemanntes Boot dazu, genau von A nach B zu segeln? Ich habe als kleiner Junge Modellboote gebaut, diese segelten auch tatsächlich, nur leider nicht dahin, wo ich wollte. Obwohl ich mir größte Mühe mit dem Trimmen des Bootes gegeben – und dabei viel gelernt – habe, blieben sie meistens im Baggersee irgendwo im Schilf stecken.
Etwa 1930 wurde in England die Marblehead 50-800 entwickelt, eine Modellyacht, die vermutlich einer J-Yacht nachempfunden wurde. Die Länge betrug 50 Zoll, also 1.260 mm und die Segelfläche 800 Quadratzoll, also etwas mehr als 50 dm². Und das Problem mit der Steuerung wurde genialer weise mit dem Wind gelöst, der als Vortrieb ja ohnehin zur Verfügung stehen musste. Vane steering! Das Prinzip war einfach: Eine Windfahne wurde über eine Art Getriebe mit dem Ruder verbunden und hielt so das Boot immer in einem bestimmten Winkel zum Wind.
Zufällig brachte mir vor einiger Zeit ein Freund den Rumpf einer Modellsegelyacht vorbei und fragt, ob ich damit etwas anfangen könne. Er habe das Teil auf dem Speicher gefunden und keine Ahnung, was das werden sollte. Meine Recherchen ergaben, dass es sich tatsächlich um das Modell einer Marblehead handelte die wohl mal jemand bauen wollte, aber dann die Lust verloren hat.
Ich habe mich dann auch mit dem Prinzip der Windfahnensteuerung etwas näher befasst… Genial! Wenn ich dieses Wissen doch schon als Junge gehabt hätte, wären mir manche Ausflüge ins Schilf erspart geblieben. Aber ausprobiert hätte ich das Prinzip schon ganz gerne und so entschloss mich, die Marblehead nachzubauen. Und zwar nicht nur eine, sondern mehrere, um mit Freunden und anderen Modellskippern Regatten zu segeln. Zwar aus Polyester, um Zeit mit den Rümpfen zu sparen, aber doch die alt-ehrwürdige Vintage Version, so wie sie eben irgendwann um 1930 erstmalig auf den englischen Teichen erschien.
Ich habe also den Rumpf, den mir mein Freund gebracht hat, in Hochform gebracht, gespachtelt und geschliffen, den Kiel und das Ruder-Skeg demontiert, poliert und wieder gespachtelt und geschliffen und es schließlich als Urmodell für eine Negativform zu verwenden, aus der dann meine Flotte entstehen sollte.
Ein erster Rumpf ist bereits fertig und ich möchte diesen für die ersten Experimente nutzen: Wie hoch sollte der Ballastanteil im Kiel sein, wie genau der Segelschnitt, welches mechanische Prinzip der Windfahnensteuerung sollte angewendet werden… Das ist noch einiges zu tun!
Die Marblehead segelt übrigens immer noch, teilweise sogar mit den Originalrümpfen aus den 30er Jahren. Aber heute werden die Boote natürlich mit einer Fernsteuerung aus-gerüstet, mit denen dann auch Regatten mit Dreieckskurse gefahren werden können und man sich erbitterte Kämpfe an der Luv Tonne liefern kann. Aber das richtige und vor-ausschauende Gefühl für den Segeltrimm bekommt man damit nicht. Wie war das noch, als ich am Rande des Sees die Segel einstellte, dem Modellboot einen Schubs gab und dann Bangen musste, ob es auch das andere Ufer erreichte oder ich mir ein neues Schiff bauen musste.
Ich würde mich freuen, wenn andere „Vintage Marblehead“- Skipper, oder solche, die es werden wollen, sich zum Erfahrungsaustausch bei mir melden würden.
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